Skip to main content
Feedback Suche KontaktNotfall

«Schon nach dem ersten Anruf kam die Erleichterung»

Martin Ney, diplomierter Sozialarbeiter im ZPG mit suchttherapeutischer Zusatzausbildung, während eines Gesprächs.

Judith Scholl suchte wegen ihres übermässigen Alkoholkonsums professionelle Hilfe. In der Therapie der PBL fand sie einen wertneutralen Raum, in dem sie lernte, dass der Alkohol nicht Ursache, sondern Folge ihrer Probleme ist.

Vor der Behandlung ging es Judith Scholl (Name geändert) «gar nicht gut», wie sie sagt. In «schwierigen Situationen», meistens dann, wenn eigene Bedürfnisse nicht berücksichtigt oder geäussert wurden, griff sie zum Alkohol. Wie lange dieser Zustand schon gedauert hatte, könne sie nicht mehr genau benennen.

Externe Hilfe wird benötigt

An einem bestimmten Punkt war es Judith Scholl nicht mehr möglich, ihren Zustand vor anderen zu verheimlichen. Bei einem Treffen mit Freunden kam es dann zu einem stark übermässigen Alkoholkonsum. Ihr wurde bewusst, dass sie etwas ändern muss und dabei Hilfe braucht, denn alleine schaffte sie es nicht mehr. Ihr Mann schlug das Zentrum für psychische Gesundheit in Binningen (ZPG), Schwerpunkt Abhängigkeitserkrankungen (SAE) der PBL für eine ambulante Therapie vor.

Erleichterung nach dem ersten Anruf

«Schon nach dem ersten Anruf kam die Erleichterung, und ein grosser Ballast fiel von mir ab», erzählt die 64-jährige Frau. Dieser Anruf war aber nicht leicht, sondern kostete sie einiges an Überwindung.

Bei Martin Ney, diplomierter Sozialarbeiter im ZPG mit suchttherapeutischer Zusatzausbildung, fühlte sie sich von Anfang an sehr wohl und konnte offen über ihren Alkoholkonsum und deren Ursachen sprechen. «In diesem geschützten Rahmen war es mir möglich, Zusammenhänge von Denk- und Verhaltensmustern sowie meinem Trinkverhalten zu verstehen.»

Überforderung im Arbeitsalltag

Die Überforderung war vor allem im beruflichen Kontext spürbar. Sie sei beruflich sehr erfolgreich und engagiert, erklärt Judith Scholl. Jedoch gab es kommunikative Hürden und sie fragte bei Unklarheiten nicht nach. Dadurch entstanden Stress-Belastungen, die situativ zu einem übermässigen Konsum von Alkohol führten. In der Therapie lernte sie, dass es in Ordnung ist, wenn man Fragen stellt und Unklarheiten bespricht.

Diese Erkenntnis helfe ihr aber nicht nur im Job, sondern auch im privaten Umfeld. «Meine eigenen Bedürfnisse zu äussern fiel mir im Allgemeinen sehr schwer. Es ist wichtig, dass ich auf diese höre, damit die alten Denk- und Verhaltensmuster nicht mehr greifen und erneut zu übermässigem Konsum führen.»

Flucht in den Alkohol

«Bei Judith Scholl besteht keine Abhängigkeitserkrankung im klassischen Sinne», sagt Sozialarbeiter Martin Ney. Vielmehr ging es bei ihr um «Konsum mit starken Kontrollverlusten in besonders belastenden Situationen», der in grösseren Abständen stattgefunden habe. Judith Scholl drückt es so aus: «In manchen Situationen war ich wie gelähmt. Durch den Alkohol löste sich diese Starre, und ich konnte mich entspannen.»

Seit 2022 ist sie im Drei-Wochen-Rhythmus in der Behandlung bei Martin Ney. In dieser Zeit nahm sie auch bei einem internen Achtsamkeitskurs des SAE Binningen teil, den sie als sehr hilfreich erlebte. Auch dort sammelte sie wertvolle Erkenntnisse: «Ich habe lange nicht in der Gegenwart gelebt und immer zu weit in die Zukunft geplant. So konnte ich nie den eigentlichen Moment wahrnehmen und mich auf das Hier und Jetzt konzentrieren.»

Erfolge in der Behandlung

Während der Behandlung lernte Judith Scholl, in belastenden Situationen offener zu werden und wenn nötig, Fragen zu stellen. Hierdurch konnte vermieden werden, dass sich bei ihr Druck aufbaute. Heute trinke sie nur noch selten Alkohol, und nicht mehr übermässig oder als Mittel zur Entspannung. Bei Problemen suche sie Hilfe; langjährige Verhaltensmuster habe sie ändern können.

Judith Scholl ist psychiatrischen Institutionen immer offen gegenübergestanden, was bei der Behandlung sicherlich hilfreich gewesen ist. Als sie vor vielen Jahren beruflich vor einer grossen Entscheidung stand, suchte sie sich ebenfalls professionelle Hilfe. Solche Behandlungen sehe sie als Unterstützung, um Probleme zu erkennen und zu lösen.

Positive Erfahrungen

Aufgrund der positiven Erfahrungen im ZPG möchte Judith Scholl auch anderen Mut machen, sich frühzeitig an psychiatrische Institutionen zu wenden. «Ich schätze vor allem die wertneutrale Atmosphäre einer Therapie und merkte schnell, wie gut mir dieser Austausch tut», fasst sie ihre Erfahrungen zusammen.

Martin Ney ergänzt, dass jede Person in der Behandlung ihren eigenen Weg gehe, bei dem die Fachpersonen therapeutische Unterstützung bieten. Individuelle Zielsetzungen der Patientinnen und Patienten fallen unterschiedlich aus und werden dabei respektiert.