Die Psychiatrie Baselland ermöglicht Betroffenen in der Alterspsychiatrie, sich mit ihren Erfahrungen und Erlebnissen im Erzählcafé auszutauschen. Die Psychiatrie Baselland hat damit eine neue Plattform für Gespräche eingeführt. 

Gudrun Löffler arbeitet seit über sechs Jahren in der Psychiatrie Baselland (PBL). Sie war jahrelang in der Bibliothek, bei der Weiterbildungsorganisation "Basler Regionalnetz" und im Arztsekretariat der PBL tätig. Seit Anfang 2019 ist sie Genesungsbegleiterin (Peer) im Zentrum für Alterspsychiatrie (ZAP). Peers sind ehemals Betroffene, die ihre Erkrankung bewältigt und reflektiert haben. Sie teilen ihre Erfahrungen auf gleicher Augenhöhe mit den Patientinnen und Patienten und ermutigen diese, sich auf den eigenen Recovery-Weg zu begeben.

Recovery-Ansatz in der Alterspsychiatrie

Bei Recovery wird durch die Peers der Blick auf die Patientin oder den Patienten über die eigentliche Krankheit hinaus erweitert auf den ganzen Menschen, seine Herausforderungen, seine Entwicklungsmöglichkeiten und sein heilsames Streben nach einem selbstbestimmten Leben.

Wenige Monate nach Übernahme der neuen Funktion auf der psychotherapeutischen Station des ZAP erhielt Gudrun Löffler das Angebot, auch auf der Akutstation des ZAP den Recovery-Ansatz einzubringen. Sie wusste, dass sie bei ihrer Arbeit auf der Akutstation auch kognitiv beeinträchtigte und demenzielle Patientinnen und Patienten begegnen würde. Sie wollte sich informieren, wie sie auch diese Personen mit den Prinzipien der Recovery erreichen konnte.

Meeting in Zürich war ein "Volltreffer"

Sie besuchte die dreitägige Veranstaltung «Demenz Meet» in Zürich. «Das war ein Volltreffer», sagt die Peer. Denn sie ermöglichte einen Austausch zwischen Betroffenen, Angehörigen und Fachpersonen. Aber auch Ärztinnen und Ärzte, Politikerinnen und Politiker sowie Wissenschaftler hätten an den Vorträgen und Workshops teilgenommen.

«Ich erhielt vielschichtige Einblicke in das Erleben von Betroffenen und deren Angehörigen. Ausserdem lernte ich, wie man mit älteren und generell kognitiv beeinträchtigten Menschen ins Gespräch kommen kann», so Gudrun Löffler.

Das Erzählcafé – erste Erfolge in der Alterspsychiatrie

Beim Demenz Meet hörte sie auch von einer Weiterbildung, um Erzählcafés professionell zu moderieren. Die Genesungsbegleiterin besuchte sie, denn «ich fragte mich seit längerem, wie ich eine Recovery-Gesprächsgruppe nach den Bedürfnissen der ZAP-Patientinnen und Patienten gestalten konnte». Denn für viele ältere Personen sei es schwierig, in den grösseren gemischten Gruppen teilzunehmen.

Für viele sei der Rhythmus zu schnell und die Dauer von 1.5 Stunden zu lang. Auch hätten einige Mühe, die anderen Teilnehmenden zu hören. Das Konzept des Erzählcafés schien hier eine gute Lösung zu bieten.

«Das Erzählcafé ist eine Methode, um niederschwellig eine Gesprächsplattform für alle anzubieten», meint Gudrun Löffler. Bei jeder Sitzung ginge es um etwas Anderes. Bei klassischen Erzählcafés können die Themen politisch, geschichtlich oder gesellschaftlich angesiedelt sein. «Das Wichtige ist, dass die Erfahrungen der Teilnehmenden im Zentrum stehen und die Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter ihnen die Themen nahebringen und sie zum  Austausch anregen».

Lebenserfahrung der Teilnehmenden im Zentrum

Nach der Weiterbildung hätten sich die Prinzipien des Erzählcafés in der Anwendung tatsächlich als ausgesprochen stimmig für den Austausch über Recovery-Themen mit Betroffenen des ZAP entpuppt. «Ich übernahm die Regeln zum Aufbau eines Erzählcafés in die Durchführung von Recovery-Gesprächsgruppen mit vier bis fünf Betroffenen», so Gudrun Löffler. Im Mittelpunkt stünden die Lebenserfahrungen der Teilnehmenden; diese würden von den unterschiedlichen Erfahrungen sehr profitieren und im günstigen Fall eine Anregung für anstehende Veränderungen erhalten.

 

Das Erzählcafé für Angehörige

Kurz vor der Corona-Pandemie startete Gudrun Löffler mit der Oberärztin Lucie Grenacher ebenfalls eine ZAP-Angehörigengruppe. «Dank einem idealen Sitzungszimmer und verfügbarer Cafeteria im Haus können wir hier auch das empfohlene Setting für ein Erzählcafé gut umsetzen. Dazu gehören ein formeller moderierter Austauschteil und ein anschliessendes Kaffeetrinken zum informellen Ausklang», sagt die Genesungsbegleiterin.