Liebe Leserinnen und Leser

Der Bedarf an psychiatrischer Behandlung nimmt seit Jahren stetig zu. Seit Beginn der Pandemie ist die Zahl der Anmeldungen insbesondere im ambulanten Bereich nochmals markant gewachsen und die Anzeichen mehren sich, dass sich dieser Trend in absehbarer Zeit nicht ändern wird. Sowohl die Ambulatorien der psychiatrischen Kliniken, als auch die niedergelassenen Psychiaterinnen und Psychotherapeuten sind stark ausgelastet. Menschen mit psychischen Erkrankungen finden teils erst nach mehreren Anfragen einen Behandlungsplatz und müssen mit mehrwöchigen Wartezeiten rechnen.

Die psychische Gesundheitsversorgung ist daher gefordert, bedarfsgerechte Angebote und ausreichende Behandlungskapazitäten bereit zu stellen. Das hierfür benötigte qualifizierte ärztliche Fachpersonal ist derzeit und voraussichtlich auch in den kommenden Jahren nicht in genügendem Ausmass verfügbar. Das Anordnungsmodell, das Mitte 2022 die delegierte psychologische Psychotherapie ablösen soll, verspricht eine Entlastung. Viele Fragen zur Umsetzung sind jedoch bis heute noch nicht geklärt. Insbesondere wird es eine Herausforderung sein, tatsächlich die Engpässe in den Behandlungskapazitäten zu beheben und eine qualitativ hochstehende Grundversorgung anzubieten, die vor allem dem Bedarf schwer erkrankter Menschen gerecht wird und eine fachgerechte Notfall- und Akutbehandlung gewährleistet.

Eine Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten zur Weiterentwicklung des Gesundheitsversorgungssystems ist daher grundlegend. Einerseits sollen die vorhandenen Ressourcen bedarfsgerecht und effizient für eine adäquate Behandlung möglichst vieler psychisch erkrankter Menschen eingesetzt und andererseits ein attraktives Arbeitsfeld für Aus- und Weiterzubildende sowie qualifizierte psychiatrische Fachpersonen geschaffen werden. Die Ansätze zur Bewältigung der zunehmenden Disbalance zwischen Angebot und Bedarf dürfen sich nicht nur auf Massnahmen zur Erweiterung der Behandlungskapazitäten beschränken, sondern müssen auch fachlich-inhaltliche und organisatorische Aspekte sowie Fragen zum Selbstverständnis und zur Positionierung der Psychiatrie adressieren. Die dazu notwendigen Entwicklungsschritte werden im besten Fall im Austausch zwischen Fachpersonen, Betroffenen und Vertretenden weiterer Interessensgruppen erarbeitet.

Die Jahrestagung der Erwachsenenpsychiatrie der PBL am 5. Mai 2022 in Liestal wird sich vor diesem Hintergrund mit den Fragen beschäftigen, wie die Psychiatrie zukünftig für Menschen mit psychischen Erkrankungen geeignete Unterstützung bieten kann, welche Interventionen und therapeutische Haltungen hierfür hilfreich sein können und wie die Aus- und Weiterbildung attraktiv für zukünftige Fachpersonen gestaltet werden sollte. Neun Vorträge werden Impulse zu verschiedenen Facetten dieses vielschichtigen Themenkomplexes geben. In einem anschliessenden Diskussionsforum soll mit den Referierenden und dem Plenum ergründet werden, welche Aspekte die Psychiatrie auch zukünftig als interessantes und anziehendes Arbeitsfeld positionieren können. Die Tagung wird auch in diesem Jahr nochmals online stattfinden.  Wir freuen uns über zahlreiche Teilnehmende aus verschiedenen Bereichen der psychischen Gesundheitsversorgung, eine Anmeldung ist bis Ende April möglich.

Herzliche Grüsse

Matthias Jäger

Psychische Gesundheit von Ukraine-Geflüchteten